damit die ohnehin vertrackte Situation nach außen hin nicht noch komplizierter wirkt, immer der Reihe nach.
Mittwoch:
Hänge meine Frisbeescheiben-Sammlung an die Wand, sieht gut aus. Werde außerdem überzeugt, trotz Erschöpfung am Wochenende nach Halle zu den Hochschulmeisterschaften zu fahren und Frisbee zu spielen. Ok, ich hab ja auch Bock!
Donnerstag:
Die Liste für die EM in London wird rumgeschickt, 10 Frauen sind dabei, ich bin eine von 3 auf der Warteliste. Lese die Email ein Dutzend Mal aus Überzeugung, es muss eine Verwechslung vorliegen! Meine Mitbewohnerin kommt nach Hause und findet mich in erbärmlichen Zustand vor, versteht sofort das Ausmaß des Unglücks und tröstet mich. Verletzt und verstört entscheide ich mich, nicht mehr Frisbee zu spielen. Fahre abends zum letzten Training und denke die ganze Zeit: "Ich kanns nicht. Ich kanns nicht. ..." Als ich zurückkomme, haben meine Mitbewohner bereits einen Plan:
Freitag:
Am liebsten gar nicht aufwachen. Vegetiere dahin bis zur Abfahrt nach Halle. Dank Drogen und einer Ukulele wird es die lustigste Fahrt überhaupt. Ich will gar nicht verzweifeln! Aber die Frage nach dem Warum des Scheiterns quält mich.
Samstag:
Auf dem Turnier, meinem letzten. Für immer? Hin und her gerissen zwischen dem üblichen Vergnügen und dem bitteren Geschmack meiner Entscheidung. Wie soll das überhaupt gehen ohne Frisbee? K. versucht mich zu überreden, weiterzumachen. Meint, er wird mich vermissen. Na ich erst!
Sonntag:
Regen, Lustlosigkeit, später Sonne und Spaß, Auf und Ab. Erzähle guten Freunden, dass ich aufhöre. Alle sind geschockt, aber verständnisvoll. Die Unterhaltung mit B. auf der Rückfahrt bringt viele Einsichten, macht alles aber noch komplizierter, denn diese störende Hoffnung kehrt zurück...
Montag:
Ich berichte meinem Boss, ich hab ab jetzt viel Zeit zum Arbeiten. Später ein Regenschauer, Freunde rufen an und fragen, ob sie mich mit zum Training nehmen sollen?! Nicht, ok, aber dann will ich vielleicht in Duisburg spielen dieses Wochenende?! Ich erkläre ihnen alles und sie kümmern sich gut um mich und ermutigen mich wie alle anderen zuvor auch, nach der "Pause" bald wieder zurückzukommen. Als mein Mitbewohner nach Hause kommt, wisch ich mir schnell die Tränen aus dem Gesicht. Keine Zeit zum Trauern, wir fahren zu IKEA.
Dienstag:
Aufwachen macht immer noch kein Spaß, die blöde Sonne scheint nur aus Hohn und ich unterdrücke entschlossen jeglichen Anflug von Depression. Auf Arbeit im Behindertenheim ist unglücklichweise kaum was los, zuviel Zeit zum Grübeln. Der Anblick des 21jährigen Rollstuhlfahres aus Birma, der begeistert vom Deutsch-Kurs kommt, lässt meine Probleme haltlos relativ werden.
Heute:
Aufstehen, warum nochmal? Verdammt, ich hab so viele Pläne, kann endlich all die Dinge machen, die ich wegen Frisbee vernachlässigt hab, also warum bin ich so demotiviert? Lese einen Artikel über (Un)Gerechtigkeit in Deutschland, und werde hilflos sentimental. Nicht nur mir geht es schlecht, anderen noch viel mehr. Dieses Bewusstsein hindert mich leider daran, mich lustlos in die Ecke zu werfen, komplett im Selbstmitleid zu versinken und drogenäbhängig zu werden. Schade.
Nun streiten meine Gefühle mit mir über das weitere Vorgehen, wobei einige am liebsten zurück wollen. Frust, Trotz, Verzweiflung, Zuversicht und Demut wechseln sich ab mit der Vorherrschaft in meinem Handeln und Denken, hinterlassen Chaos und Verwirrung. Die quälenden Fragen lauern hinter jedem Lächeln und meine widersprüchlichen Bedürfnisse nach Ruhe einerseits und nach dem Kampf gegen die Niederlage andererseits zerreißen mich innerlich. Manchmal will ich meine Trikots brennen lassen wie die Tränen in meinen Augen, alle Scheiben zerbrechen und dann ein wütendes Lied drüber schreiben. Ich spiele jetzt wieder mehr Gitarre...
Stattdessen schlägt Vernunft durch; ich muss akzeptieren, trotz meiner Bemühungen und großer Investionen von Energie, Zeit und Geld nicht das große Ziel erreicht zu haben. Die Auswahl für London war kein Zufall, sondern gut überlegt von einem Gremium. Also gibts da nichts zu leugnen, die Sackgasse ist attestiert. Trotz meiner angeblich guten Anlagen und andauernde Anstrengungen hat es für die Europameistersschaft nicht gereicht. Und ausschließlich zum Spaß spielen? Mein Ehrgeiz schüttelt empört den Kopf. Dann ist es also zu Ende.
Nach allein 8 Turnieren in den letzten 8 Wochen (in welchen ich 3mal krank war) fehlt mir jetzt die Motivation um weiterzumachen. Ich bin auch körperlich am Ende, ganz besonders aber will ich vermeiden, nochmal so eine Enttäuschung zu erleben. Zum Glück haben viele, mit denen ich bisher gesprochen habe, dafür Verständnis, dass noch härter trainieren nicht der richtige Weg sein kann. Und trotzdem, Frisbee war... ist das Beste, was mir in den letzten 3 Jahren passiert ist. Jetzt muss ich lernen, Abstand zu nehmen und den Dingen ihren Lauf zu lassen.
Ich war überzeugt ich bin reif für die Insel... Nun hab ich tatsächlich genügend Zeit, für Urlaub und anderes. Wer will was unternehmen?
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How to find a start to describe an end?
I've quit ultimate frisbee. Not for good, I guess, but for bad. Last thursday the list for the european championships in London was published and I'm one outta three women on the waiting list. At first I was paralysed, couldn't believe my eyes, there must be a mistake! I was so sure to be in the team since I had worked on myself and my shortcomings, had been to 8 tournaments in the past 8 weeks (and was sick 3 times) and basically did nothing else but frisbee. But the decision was made by a comittee consisting of 4 experienced players so there's no way to deny my failure. That means, I'm really not good enough. Ok, strong competetion, I have to except that. But it kills all my motivation to go on! To carry on going to practise and try harder makes no sense for me: I need a break, need distance, I've been involved too deeply in this sport, had been focused only on the goal to go to London. It wasn't wrong but it knocks me down I didn't make it... Sometime I wanna see my jerseys burn just as the pain inside of me, wanna break my discs and then write an angry song about it. But hopefully the confusing and this chaos of contrary emotions will ease because it's tearing me apart.
My flatmates have been very supportive, just as most people I told about my decision. Luckily they respect my urge to concentrate on other things now, although I know nothing will be an appropriate susbtitute for firsbee.
So went to the last practise on thursday, I played my last tournament on the weekend and now I'm waiting to shed the last tear... I got lots of time now. A venture, anyone ?
2 Kommentare:
Tja, was soll man zu diesem überragenden Optimismus sagen? Es gibt nicht immer das große Ziel, oder Sinn dahinter, sondern:
http://www.youtube.com/watch?v=BbPRwMJ_urk&feature=related
Warum denn auch nicht?
Grüße Gesine
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