Geile Scheiße, ein neues Jahr! Und ich bin wieder da, ja wo gibts denn sowas? Habe ich es doch tatsächlich im Zug durch Indien geschafft, entlang der Berge in Nepal, mit dem Moped im Norden Thailands, mit Bus und Rikshaw zu den Tempeln Kambodschas und einmal quer durch Vietnam, entspannt auf der Insel auf der Insel in Indonesien, zwischen zwei kleinen Abstechern nach Singapur in Malaysia gewesen, dann bin ich tatsächlich nach Amerika geflogen, Ostküste, Westküste, eine Woche Kanada, dann trieb der Winter mich spontan nach Hawaii, am Ende dann gings zurück nach Vermont, dann war das Jahr auch schon rum und ich zurück in Frankfurt. Hätte Weihnachten und die damit verbundene Vorstellung von einträchtiger Familien-Zusammenkunft nicht eine derart magnetische Wirkung auf mich gehabt, wäre ich wohl noch ewig auf Hawaii geblieben. Zumindest bis zum Ende meines Visums.
Wer diese Geschichte nicht glaubt, kann einiges nachlesen oder die bunten Stempel in einem Pass ansehen, gerade für Europäer eine tolle Abwechslung. Wobei ja dieser Teil der Reise saunervig war, mit all den Visa, es heißt nicht umsonst "Grenzen überwinden", aber man lernt geduldig zu sein, immer lächeln und nicken, mehr erzählen als der Grenzbeamte wissen wollte, so bin ich ohne Rückfahrkarte und extra-Visum nach Kanada gekommen. Und jetzt also wieder daheim. Toll. Wirklich, das darf jetzt nicht zu sarkastisch aufgefasst werden, schließlich hatte ich einiges an Deutschland vermisst!
Wo sonst gibt es so viel gutes und günstiges Bier, bequem zugänglich im Supermarkt oder in der Trinkhalle um die Ecke, natürlich wird kein Ausweis verlangt. In Amerika liegen die Dinge anders, wer da Bier kaufen will kann zum doppelten Preis eine kleinere Flasche und nur gegen Vorlage eines Identitätsnachweises aller Anwesenden bekommen, und auch nur in größeren Supermärkten oder Spezialgeschäften. Es scheint mir, dass in Amerika, was ich wirklich zu lieben gelernt habe, eine Sache gewaltig schief läuft: Bier ist böse. Da kann ich nur fassungslos den Kopf schütteln, in Anbetracht der Freude die mir Alkohol bisher gebracht hat in meinem Leben, all die schönen Erinnerungen an die lustigen Zeiten im betrunkenen Zustand, und all der Schmerz über die anschließende Abwesenheit des Alkohols im Zuge der Ernüchterung... Um als junger Mensch sowas in Amerika zu erleben, wird man quasi in die Illegalität gezwungen.
Aber am meisten hab ich natürlich den deutschen Humor vermisst, nicht nur Freunde und Familie, Döner und die StVO, Rasenmähen im Frühjahr und Laubbläser im Herbst, Frisbeeturniere im Sommer und Glühwein im Winter. In anderen Ländern wird Sarkasmus schon fast als Beleidigung aufgefasst, ob man denn nicht den der Lage sei jemand gerade weg zu beschimpfen, da wären die Deutschen doch sonst eh direkt, warum also den weiten Umweg über den Sarkasmus gehen? Aber das ist ja das schöne! Wir wollen uns doch gar nicht wirklich beschweren, über die soziale Ungerechtigkeit, die Umweltverschmutzung, den drohenden Zusammenbruch des Finanzmarktes und der einhergehende Verlust von Ersparnissen, Anlagekapital und Rentenbeiträgen, stattdessen möchten wir nur etwas schimpfen. Im Grunde gehts den meisten von uns ja richtig gut, also nicht zu viel jammern, und wenn mit einem Augenzwinkern, denn alles ist bei Gott nicht schön, da kann man noch einiges verbessern, aber wer zwei Weltkriege angefangen und verloren hat, wird wohl doch irgendwann bescheidener. Am Ende bleibt einem ja auch nur der Sarkasmus, besser als verwzeifeln. Und Mitdenken ist auch gefordert, da kann ein einzelner Satz schon richtig anfordernd werden, quasi das Kopfquiz für den kleinen Mann. Überhaupt, wer noch im Angesicht des Sturms von Problemen den Degen des Sarkasmus schwingt, zersticht die Illusion des Unlösbaren, es hat etwas tröstendes. Und wer angesichts einer unausweichlichen Blamage mit einem trockenen Witz der Selbstironie den Hof macht, den bewundere ich in seiner Unverwundbarkeit. Sich selbst nicht so ernst nehmen, dem Facebook mal von hinten durch die Brust ins Auge mit einem: "Tschüß Niveau, bis Montag!"
Und bevor (mir) der Blick wieder nach vorn gerichtet wird, im Zweifelsfall von meinem Arbeitsvermittler persönlich, hier eine erste Liste mit Dingen der gesamten Reise, die ich vermissen werde:
Nur zwei Gepäckstücke zu besitzen und davon zu leben. Die warmen Temperaturen! Die freundlichen, offenen Menschen, die offene Neugierde. Die Ungewissheit, die Nicht-Planung, das Vorangetrieben werden. Die guten Radiosender. Musik als Kultur, als fester Bestandteil des Alltags. Fremde Sprachen, Missverständnisse, vor allem die die aufgeklärt wurden und für Erheiterung sorgten. Sterne, tausende und abermillionen Sterne. Inspirierenden Menschen begegnen. Fremde Leute fragen, ob ich mal ihr Handy benutzen darf. Wenig Zucker essen, wenig einkaufen, wenig Internet. Wenig Sorgen haben, mehr Freiheit, nichts tun MÜSSEN. Die günstige Krankenversicherung und sie nie benutzt zu haben, indisches Essen, thailändisches Essen, frische Früchte aus den Bäumen Hawaiis. Noramerikanische Autofahrer und ihre Geduld, Automatikfahrzeuge, Mopeds. Das Geräusch der Wellen am Strand, der nächtliche Duft der Blumen, bei Vollmond keine Taschenlampe zu benötigen. Die Einfachheit, das Grün, den ganzen Tag draußen sein. Wasserfälle und neben ihnen herunterrutschen oder -springen. Entscheidungen treffen, die den Verlauf des Tages ernsthaft beeinflussen können. Die Uhrzeit nicht wissen, oder das Datum. Trampen, Taxi fahren, den Vornamen des Taxifahrers kennen. Und zu guter Letzt, für heute: Gewitter in den Bergen, Hängematten und Trommelkreise.
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